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Intensiver
Blick, definierter Torso: Ein Werk von atemberaubender Schönheit. Ein
Adonis, der dem Gelde entwachsen scheint und sich wieder in diesem
auflöst. |
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Eins Vorweg: Der Autor ist bekennender Atheist und hat auch vor, ein solcher zu bleiben.
Und nein, ich bin nicht schwul, - was übrigens völlig wertfrei gemeint
ist. Dies ist also kein religiöser Erweckungsruf; nein, es ist viel
mehr: Es ist die Freude darüber, dass die moderne Kirchengemeinden Sankt
Elisabeth in der Lage ist, tatsächlich Mut zur Kontroverse zu zeigen.
Ein populäres Medienecho erfuhr die Gemeinde im Rahmen der Documenta 13
in Kassel. Das Bild der Holzfigur mit ausgebreiteten Armen, wie auf der
Spitze des Kirchturmes steht, ging um die Welt. Es ist ein Werk des
Künstlers Stephan Blankenhol, der just zeitgleich zur Documenta 13 in
Kassel seine Ausstellung in der Kirche Sankt Elisabeth ausstellt. Ein
kleiner Skandal, gehört doch der Künstler nicht zum offiziellen
Kunstkanon der Documenta. Besucher stoßen also nur zufällig auf diese
kleine kostenlose Ausstellung im Zentrum Kassels; diese jedoch gehört
zweifellos zu den Höhepunkten des Documenta-Besuchs; auch wenn eben
Stephan Blankenhol mit keiner Silbe in den Documenta-Unterlagen erwähnt
wird.
Die Ausstellung zeigt mehrere Holzplastiken,
die funktional im Gotteshaus eingerichtet wurden. Wie sonst üblich in
der katholischen Kirche: Nackte müssen draußen bleiben, auch wenn es
sich dabei nur um eine Holzfigur handelt. Dies tut dem Arrangement
keinem Abbruch. Bedeutungsschwer blicken die Figuren; spannende
Kompositionen; Neues auf traditionellen Plätzen; ein passives Kreuz, was
aus 4 aktiv raumverdrängenden Platten geformt wird, aus denen
Augen-Blicke uns treffen; Maria als fesche Brünette im figurbetonten Kleid; und viele mehr! All diese Dinge erwartet man
überall, nur nicht in einer katholischen Kirche! Die Gemeinde beweist
Mut und Kunstsinn; sodass selbst ich, der überzeugte Atheist, voller
Begeisterung annerkennend und demütig meinen Hut ziehe.
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Stephan
Blankenhols überlebensgroßes (5,70m !) Meisterwerk von 2009 "Sempre
più..." aus Zedernholz. Passt irgendwie zu einer katholischen Kirche,
wie es Sankt Elisabeth doch ist, da diese Plastik beinahe homophobe
Gefühle weckt. |
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All-ansichtig
bleibt diese Komposition zweier Platiken hochspannend, da im Besucher
beim Umgehen des Werk zahlreiche bedeutendschwere Assoziationen geweckt
werden. Der Titel dieses Werks von Stephan Blankenhol wirkt dagegen fast
zu schlicht: "Großer Kopf und männliche Figur", ja, was sonst, würde
doch jeder andere Titel die Assoziationskraft des Besuchers vernichten.
Würde das Werk z.B. "Freunschaft" heißen oder "Ich", - wie viel würde es
an Kraft verlieren? |
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Schuss und Gegenschuss, wer blickt auf wen? Ich auf mich? Gegenwart auf Vergangenheit? |
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Kapellfigur der Sankt Elisabeth von Stephan Blankenhol |
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Menschliche
Relief-Figuren ganz in der kirchlichen Tradition: die Heiligen im Stile
des Gegenwartsmenschen. Warum nicht? Wurde nicht schon zuvor Maria in
einer antiken Tunika, in einem gothischen Gewand und in barocker
Pracht-Montur dargestellt? |
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Bilder-Komposition über dem Altarbild der Kirche Sankt Elisabeth. Ansicht von der höchsten Stufe der Galerie. |